Blaueishütte 2015

Das Gespräch der Schuhe Die Jugendgruppe auf der Blaueishütte Auf der Terrasse des DAV-Heims in Paderborn stehen sechs Paar Schuhe, die soeben geputzt und nun zum Auslüften nach draußen gebracht wurden. Ihnen war das Glück widerfahren, die Berge an der Blaueishütte nahe Berchtesgaden kennen zu lernen. Sobald alle unerwünschten Ohren verschwunden sind, beginnen sie, sich eifrig über die letzten Ereignisse auszutauschen.

„Erinnert ihr euch noch an diesen schrecklich langen Aufstieg, den wir bewerkstelligen mussten, um über den Normalweg zur Hütte zu gelangen?“, fragen Alinas Wanderschuhe und seufzen einmal tief. „Natürlich! Der war total toll!“, riefen nun die Wanderschuhe von Jonas, welche träumerisch an diesen Tag zurück dachten. „Quatsch, der Weg ging doch nur bergauf. Das war total anstrengend!“, entgegnen die jungen Treter von Kathrin, welche dort ihren ersten Einsatz hatten. „Mal davon abgesehen, dass mir unglaublich heiß geworden ist! Ich habe mich gefühlt, wie in einer Sauna!“, melden sich nun auch Verenas Bergstiefel zu Wort, wobei die anderen glauben, noch immer Rauch aus diesen sehen zu können. „Für meine vielen Jahre, die ich auf dem Buckel habe, war das auf jeden Fall total anstrengend“, erklärt die tiefe Stimme von Bernds Wanderschuhen. „Ich verstehe gar nicht, warum mich Bernd wieder aus der Kiste gekramt hat. Darin war es doch so angenehm“, fügen sie hinzu und schließen müde die Augen.

„Ach, nun meckere hier doch nicht so rum! Du bist doch gar nicht so viel zum Einsatz gekommen, wie ich!“, unterbrechen die Wanderschuhe von Alina den Schönheitsschlaf von den alten Tretern.

„Das stimmt! Im Gegensatz zu uns beiden, waren Alinas Wanderschuhe beinahe nur im Einsatz!“, werfen nun auch Verenas Wanderschuhe ein, die ebenfalls meist auf die Tasche und das Essen darin aufgepasst hatten.

„Dafür kamen wir umso mehr zum Einsatz“, riefen nun Bernds junge Kletterschuhe, die sich ebenfalls dazu gesellten. „Das war total toll!“ sagt er und denkt an die Nordostwand (III+) der Schärtenspitze zurück.

„Dem können wir nur zustimmen!“, erklären nun auch Verenas Kletterschuhe, die sogar 2x auf die Schnelle Klettern durften. Marcels Kletterschuhe nicken eifrig. Beide wirken trotz des häufigen Einsatzes noch putzmunter und einsatzbereit.

„Ist ja auch egal!“, fielen ihnen die Wanderschuhe von Kathrins ins Wort. „Die Aussicht war auf jeden Fall atemberaubend, zumal Kathrin und wir noch nie die Berge gesehen haben!“, schwärmen sie. „Der Klettersteig auf die Schärtenspitze war toll!“ „Das war dann ja wohl eine Premiere“, schmunzeln die Wanderschuhe von Bernd, die sich daran zurück erinnern, wo sie das erste Mal in den Bergen unterwegs waren.

„Ich muss dir zustimmen. Die Sicht war wahrlich atemberaubend!“, schwärmen nun auch die Wanderschuhe von Jonas, welche noch immer das Bild von Blaueisspitze, Hochkalter und Watzmann vor Augen haben. „Vor allem die Sicht von der Schärtenspitze, die ich so häufig zu sehen bekam, wurde mir niemals satt!“, erklären Alinas Wanderschuhe träumerisch. Zustimmendes Gemurmel ist von allen Seiten zu hören, nur Jonas Kletterschuhe scheinen ein wenig missmutig.

„Wir hätten es um einiges mehr genossen, hätten die Füße von Jonas nicht so elendig nach Wanderschuhen gestunken!“, meckern sie und erhalten von allen Seiten nur ein Augenrollen.

„Ihr blöden Schuhe!“, lächelnd schauen Verenas Kletterschuhe jene von Jonas an. „Ihr wisst doch: Bergsteiger duschen nicht!“ „Und wenn man runter fällt, stirbt man!?“ ergänzen Bernds Kletterschuhe die von den anderen Hüttengästen aufgeschnappte Weisheit des Tages. Während Jonas‘ Kletterschuhe eine Schnute ziehen, brechen die anderen Schuhe in lautes Gelächter aus.

„Dafür waren doch unsere Touren wunderbar! Denk doch nur an die „Logic Linie“ (IV-)“ versuchen Marcels Kletterschuhe Jonas‘ zu trösten. „Wir sind nur froh, dass wir auch irgendwann einmal zum Einsatz kamen!“, meldeten sich nun auch Alinas Kletterschuhe zu Wort, die noch beinahe unberührt wirkten. „Warum das denn?“, fragen die Wanderschuhe von Jonas und Marcel verständnislos. Die Kletterschuhe antworten jedoch: „Naja. Alina war so oft mit ihren Wanderschuhen unterwegs, dass wir kaum etwas zu tun hatten! Wir haben beinahe nur die Hütte oder ihre Tasche von innen zu Gesicht bekommen!“ „Na und? Wir sind auch nicht viel zum Einsatz gekommen und es war toll!“, erklären Kathrins Kletterschuhe gelassen und blicken sich verträumt um. „Wir sind am meisten geklettert! Wir sind am meisten geklettert!“, freuen sich die Kletterschuhe von Bernd und lachen.

Diese ignorieren Alinas Kletterschuhe jedoch und meinen energisch: „Immerhin bekam ich richtige Eisbären auf der Tour „Eisbär“ zu sehen. Die habt ihr alle nicht gesehen!“ „Hey! Wir waren doch auch dabei!“, rufen die Kletterschuhe von Verena ein wenig beleidigt, welche zwar der Meinung sind, viel zu viel gemacht zu haben, sich aber dennoch nicht ausschließen lassen wollen. „Bei dieser Tour wäre ich auch gerne noch einmal mit geklettert“, meinen die Kletterschuhe von Jonas ein wenig betrübt, doch sofort sind jene von Bernd zur Stelle: „Aber dafür waren wir doch noch einmal auf dem Plattenweg (III)! Der war auch total schön!“

Ein aufgeregtes Durcheinander entsteht, bei welchem die Schuhe noch weiter darüber diskutieren, wer denn die besten Erfahrungen gemacht hatte.

Schließlich riefen die Wanderschuhe von Bernd alle zur Ordnung: „Jetzt seid doch mal ruhig! Wie soll man denn bei diesem Lärm ein Auge zu bekommen? Einigt euch doch einfach darauf, dass wir alle einen wunderschönen Urlaub hatten!“

Kurz herrscht Stille, bevor alle laut zustimmen und sich gegenseitig zu jubeln. Doch nun ist es Zeit vorerst Abschied zu nehmen, da die ganzen Schuhe nun alle wieder von ihren Besitzern eingesammelt werden.

Zuletzt stehen sich nur noch Bernds Kletter- und Wanderschuhe gegenüber. „Du hast Recht! Das war ein toller Urlaub! Ich freue mich schon darauf, dass viele von uns sich wieder am Gardasee im Herbst begegnen werden-„, quasselten die Kletterschuhe und hätten bestimmt noch lange so weiter gemacht, wenn die Wanderschuhe nicht tief geseufzt hätten. „Bei dieser Rasselbande kommt man ja nie dazu, ein wenig zu schlafen!“, beschweren sie sich, denken jedoch gleichzeitig, dass sie genau das bis zum Herbst vermissen werden.

Verena Saul