Faszination Gletscher

Nach einer nächtlichen Fahrt durch Deutschland und Österreich und wenig Schlaf im und am Auto, trafen wir unsere Gruppe am Park-platz in Maiern im Ridnauntal.

Für die meisten, wie auch für uns, war es die erste Hochtour. Wir schlossen uns der Sektion Paderborn an, weil unser Hochtourenleiter Gerd sich die Haxen gebrochen hatte. Die Gruppe bestand aus 11 Teilnehmern und drei Hochtourenleitern.

Nach kurzem Materialcheck und –verteilung starteten wir gegen 12 Uhr den Aufstieg zur Teplitzer Hütte auf 2.586m. Nach gut fünf Stunden, 1000 Höhenmetern und ersten Kletterpassagen kehrten wir erschöpft, aber glücklich dort ein, wo ein warmes Essen und ein Bettenlager für vierzehn Personen auf uns warteten. Bevor wir schlafen durften, mussten wir allerdings noch die Steigeisen anpassen.

Am zweiten Tag ging es in der Früh weiter auf die Müllerhütte auf 3.145m. Der Aufstieg war mit vielen Kletterpassagen, der ungewohn-ten Höhenluft und unserem 12-15 kg schweren Rucksäcken eine Herausforderung. Den Gletscher vor Augen verwandelte sich unsere Umgebung in eine atemberaubende Fels- und Eislandschaft. Kurz vor der Müllerhütte querten wir den Gletscher und machten erste Bekanntschaft mit dem Gehen in einer Seilschaft. Jetzt nur noch einen kurzen steinigen Zustieg und das Basislager für die nächsten Tage war erreicht. Am liebsten wären wir gleich unter die warme Dusche gesprungen, doch zu unserer Ernüchterung gab es die nicht, dafür aber eine schöne Waschrinne für das ganze Haus und einen Schnaps vom Hüttenwirt Lukas.

Die Ausbildung „Fels und Eis“ begann mit einer Einweisung „Gehen mit Steigeisen“ und dem Bremsen am Hang mit einem Eispickel. Um uns auf die geplanten Gipfelbesteigun-gen vorzubereiten, wurden wir in verschiedene Techniken der Spaltenbergung eingewiesen. Zudem gehörten auch Kompass-Karte-Kenntnisse, Orientierung im Gelände sowie Grundkenntnisse der Wetterkunde zu den Ausbildungsinhalten Ziel unserer Ausbilder war es, uns zunehmend selbständiger auf dem Gletscher bewegen und die Touren durchzuführen zu lassen.

Ein Abenteuer der besonderen Art erlebten wir am dritten Tag. Während wir in Hüttennähe eine Übung am Steilhang durchführten, überraschte uns ein Gewitter. Dies zwang uns zu einem hektischen Rückzug vom Gletscher auf eine Felszunge. Unsere metallischen Ausrüstungsgegenstände weit von uns geworfen, verharrten wir in Hockstellung gefühlt eine Stunde. Dann beschlossen unsere Ausbilder den schnellen und ungewöhnlichen Rückzug über ein Geröllfeld auf allen Vieren. Völlig durchnässt, aber sehr erleichtert erreichten wir die Hütte, wo man unseren „Wetterkampf“ mitverfolgt hatte. Auch jetzt war Lukas’ Schnaps Gold wert.

In unserer Woche bestiegen wir zwei Gipfel, die Sonnklarspitze mit 3.467m und den Wilden Freiger mit 3.418m. Wir Teilnehmer durften die Touren unter Aufsicht der Ausbilder eigenständig planen und durchführen. Jede der drei Seilschaften organisierte sich dabei unabhängig von den anderen und gelangte auf unterschiedlichen Wegen zum gleichen Ziel.

Eine besondere Herausforderung waren im mer wieder die ungesicherten Kletterpassagen über den Grat zum Gipfel. Unsere besondere Anerkennung galt Ronny, der sich als erster Bergsteiger mit Gummistiefeln in dem Gipfelbuch der Sonnklarspitze verewigen durfte. Die Geschichte hierzu war, dass eine Teilnehmerin der Wanderschnecken (ein Frauenstammtisch), noch benommen vom Alkohol des Vortages, Ronnys Schuhe für die besser passenden hielt und sich damit auf und davon gemacht hatte. Ihre Schuhe in Größe 42 waren für Ronny etwas zu klein, und so half ihm der Hüttenwirt mit seinen grünen Gummistiefeln aus.

Am letzten Tag ging es nach einigen Ausbildungsinhalten, wie Eisschrauben setzen und Abseilübungen, noch mal durch einen atem-beraubenden Gletscherbruch. Hier waren die Gletscherspalten sehr eng nebeneinander anzutreffen und ließen tiefe Einblicke in die Gletscherhöhlen zu. Neben der Faszination war dieser Gletscherbruch für die Seilschaf-ten eine Herausforderung, da das Seil zu jeder Zeit straff gespannt sein musste.

Nach einem feucht-fröhlichen Abschlussabend galt es Abschied von dieser tollen Landschaft, den netten Menschen und den langen Abstieg von acht Stunden in Angriff zu nehmen.

Eine sehr spannende und lehrreiche Woche in einer beeindruckenden Landschaft lag hinter uns. Schroffe Gipfel, tiefe Gletscherspalten, atemberaubende Sonnenaufgänge und nicht zuletzt Lukas’ guten Schnaps ließen uns zur Erkenntnis kommen, „nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“ (Goethe).

Ein herzliches Dankeschön an unsere Hochtourenleiter Martina, Rudi und Jonas für eine ganz besondere Woche auf dem Übeltalferner (Gletscher) und auf der Müllerhütte. Für uns steht schon jetzt fest, das war nicht unsere letzte Hochtour.

(Eva Krasenbrink / Stephanie Heckrat)

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